Ein Kater namens Sidi Brahim

Bad Hair Day im Grossen Rat oder das gefällt Mark Zuckerberg und 999 anderen Nacktmullen mit Breitbartstoppeln

Mir träumte, es seien schon wieder Wahlen. Ich hatte gerade die Liste der Kandidaten der Grünen vor mir und bereits drei oder vier von ihnen geliked, da poppte eine Nachricht auf: «Albert Rösti hat Aline Tredes Status kom­mentiert»: «Also Frauen mit einer solchen Frisur und Brille würde ich auf keinen Fall wählen». Albert Rösti oder meint er das ernst? Ich schaute mir Alines Frisur und Brille etwas genauer an, es fiel mir nichts Beson­deres auf, ausser dass ich deren Farbe nicht genau ausmachen konnte, sie schien dauernd zu wechseln. Aber solange ihre politische Gesinnung nicht dasselbe tut, war das ja in Ordnung. Da poppte bereits die nächste Meldung auf: «Aline Trede hat Albert Röstis Frisur kommentiert»: «Lieber Albert, mich erstaunt, dass man mit einer Nicht-Frisur und Nicht-Brille überhaupt wahrgenommen und sogar gewählt werden kann. Wie machst du das? Hat dich der Blocher gefressen? Mit oder ohne Spiegelei?». Auf Röstis Wahlfoto fehlten plötzlich Kraushaar und Brille, und ich glaubte, einen Osterhasen mitten in einer Chemotherapie vor mir zu haben. Naja,
Friends scheinen die beiden ja nicht gerade zu sein. Was mich aber mehr beunruhigte, war die Frage, woher Albert wusste, dass ich Aline wählen wollte? Bislang wusste ich alle meine tiefsten Geheimnisse bei der National Security Agency in Sicherheit und konnte beruhigt schlafen. Der NSA schützt mich vor Kontoüberzügen, bewahrt alle meine Kauf­belege auf, kümmert sich darum, dass ich auf den Tomaten in der Migros zwanzigfache Cumu­lus­punkte kriege, findet mein Handy wieder, versorgt mich mit negativen Reiseemp­fehlungen für Trumpsilvanien und sorgt dafür, dass Tippfehler in meinen E-Mails zuverlässig korrigiert und manche erst gar nicht verschickt werden. Eine tolle Dienstleistung, die man auch umgekehrt deutlich wahr­nimmt: Seit meinem automatischen Abon­nement beim NSA haben die regel­mässigen luftigen Geschäfts­angebote von Mugabes Anwälten in meiner Mailbox schon fast schriftstellerische Qualitäten, und die Penisverlängerungen bleiben endlich aus.

Da ich aber nicht in Simbabwe oder Russland wohne, hatte ich bislang die unerschütterliche Überzeugung, dass bei uns Wahlen und Abstimmungen frei und unbeeinflusst stattfinden. Ich hatte daher erwartet, dass Röstis Bemerkungen über Tredes Frisur im Spamfilter landen würden, und wollte gerade aus Protest Aline liken, als ich von einer wahren Flut an Popups dabei gestört wurde:
«Wussten Sie schon, dass Hillary Clinton ihre Beine enthaart?», «20-Fach-Cumuluspunkte, wenn sie Erich Hess wählen!», «Brexit: Bremgarten tritt aus dem Wärmeverbund aus! LGBT gibt Gegensteuer.», «Frühling in der Politik: Sorgen Sie mit Schneggenkörnern dafür, dass Ihre zarten grünen Setzlinge nicht gefressen werden!», «Wir trotzen den Sozialschmarotzen!», «Ammann, Allemann, alle Mann ran an den Schnegg!», «Wir pulverisieren den Lehrplan 21!», «Allemann macht alle an!», «Martullo aber auch!», «Wegen ihrer Frisur?», «Nein, wegen seven sinking Schneggs», «Lieber Albert, schau dir doch mal Trump an, der wurde auch gewählt, mit der Frisur!», «Ja, aber nicht von mir, von Moskau und Cambridge. Ausserdem hat er keine Brille!», «Miobrill und ihre Klobrille ist wieder keimfrei!» …

Ich zerknüllte entnervt meinen Wahlzettel, steckte stattdessen einen Bestellschein für den Pizza-Kurier ins Couvert und ging Tomaten kaufen1.
Marc Sugarboy

1Ich habe dann im nächsten Traum erfahren, dass Pizza Margherita gewählt worden ist. Die Fadenzieher in der Politik hatten also Erfolg.


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