Ein Kater namens Sidi Brahim

Um die Welt jetten, um die Welt zu retten

Ziel des WEF (Wellness Enhancement Forum) ist es, «wichtige Fragen von globaler Bedeutung (z. B. internationale Handels­hemm­nisse, Konflikte, Armut und Umwelt­probleme) sowie mögliche Lösungen zu behandeln»1. Dazu lassen sich Wirtschafts­führer, Politiker und Wissenschafter aus der ganzen Welt in ein luxuriöses Ambiente nach Davos fliegen und setzen sich als «Kümmerer» in Szene. Wer mit dem Zug anreist wie Greta darf höchstens als Zirkusnummer auftreten.

Jedes Jahr wieder wird tagelang debattiert und gut gegessen, und anschliessend fliegt man mit dem Helikopter wieder heim und freut sich auf das nächste Mal. Die Welt merkt davon nicht viel, ausser etwas mehr CO2-Ausstoss wegen der regen Flugtätigkeit und wegen der konkreten Massnahmen, welche diese Wirtschaftsführer und Politiker beschliessen, kaum sind sie wieder zuhause. Und dass es ihr deswegen bis zum nächsten Mal noch schlechter geht. Nur die Hoteliers in Davos, denen geht es beim nächsten Mal wieder besser. Sie freuen sich, dass sie für Abstellkammern Mieten von mehreren Tausend Franken kassieren können. Pro Nacht. Weil die russischen Putzfrauen in Davos so hohe Löhne haben.

Nun, aktuell hat die Welt, die Weltwirtschaft und die Menschheit grad etwas Kopfweh wegen Corona. Der Globalisierung, eines der

1Quelle: Wikipedia
Kernthemen des WEF, geht es auch nicht so gut, dem Klima sowieso nicht, also gäbe es jede Menge Stoff, über den man in Davos diskutieren könnte. Zu gross ist jedoch die Gefahr, sich in der Spa-Zone, beim Kaviar-Buffet oder an der Champagnerflute mit Corona anzustecken. Solche persönlichen Risken können sich die Leader und Verbesserer unserer Welt schlicht nicht leisten. Das muss man schon verstehen. Die Probleme oder gar der Untergang der Welt müssen da halt noch etwas warten, bis man sich um sie kümmert oder auf sie anstösst, die bedrohen einen ja auch nicht so direkt. Gut, eine Zeitlang stand die Option im Raum, Davos mit etwas weniger Teilnehmern stattfinden zu lassen. Der Boris und der Jair hatten Corona ja schon und könnten die Welt und das Buffet auch zu zweit retten. Das hat aber dem Donald und dem Wladimir nicht gepasst, die wollen auch ihren Teil von beidem. Das WEF hat nun also beschlossen, die Jahrestagung in Davos zu verschieben oder gar ganz abzublasen. Diagnose: Coronargefässsklerose!

Das ist eine Katastrophe! Nicht für die Welt, nein, die wundert sich höchstens, warum im Januar mal keine Helikopterschwärme über Davos herfallen. Auch nicht für die Luxusproduktehersteller: Der Kaviar und der Champagner werden den Teilnehmern nun per Post zugestellt. Allen ausser Donald, weil dort die Post grad nicht mehr funktioniert. Eine Katastrophe ist das auch nicht für den Bauern in Bangladesch, dessen Haus und Ernte gerade wieder von Überschwemmungen zerstört wurden oder für den indischen Wanderarbeiter, der in Delhi seine Existenz gegen Corona eingetauscht hat. Eine Katastrophe, ja ein wahrer «wirtschaftlicher Tsunami» ist das für die Davoser Hotellerie.
So sagt das Ernst Wyrsch, der Präsident von Hotelleriesuisse Graubünden und Grand­hotel­besitzer in Davos. Ein Fall für die Glückskette! Nun müssen die Hoteliers den Gürtel enger schnallen, das Existenzminimum neu tunen wie ihren Ferrari, die russischen Putzfrauen durch polnische ersetzen, damit die Zimmerpreise wieder dem armseligen Landesdurchschnitt entsprechen und die jahrelang schnöde weggewiesenen Touristen hoffentlich wieder zurückkehren. Die geben aber halt schon weniger Milch. Machen aber auch weniger Käse.

Derweilen kümmern sich um die Probleme der Welt die Jugendlichen, welche die «Fridays for Future» weiterführen. Da es dort aber weder eine Spa-Zone, noch Kaviar und Champagner gibt, fehlt ihnen etwas die wirtschaftliche Macht, die Welt direkt zu verändern. Auch machen sie etwas wenig Helikopterlärm, um wahrgenommen zu werden. Da sie aber im dicht gedrängten Demonstrationsumzug Corona weiterverbreiten, sorgen sie immerhin dafür, dass in Davos in Zukunft der überflüssigste Anlass der Welt nicht mehr stattfinden wird – und es letzterer dadurch tatsächlich etwas besser gehen wird.
Kläuschen


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