Ein Kater namens Sidi Brahim

James Bond im Brockenhaus

Eigentlich wollte er schon vor geraumer Zeit zu uns kommen und wieder mal die Welt retten, aber Dr. Co. war schneller im Kino und liess ihn nicht mehr rein: James Bond blieb aussen vor. Seine Mission war schon fixfertig durch- und abgedreht, setzt aber nun langsam Staub und Rost an, so dass sogar das üblicherweise topmoderne Equipment, mit dem Q, Urahne von QAnon, den Helden normalerweise ausstattet, unterdessen wirkt wie der Inhalt des Estrichs von Bond’s Urgrossmutter. Wer will schon zuschauen, wie James mit einem alten Lada durch die Pampa rast und mit dem Pfeilbogen hantiert? Da braucht er natürlich beide Hände für und hat wieder mal keine Zeit für Verkehrsregeln, und am Ende sieht der Lada dann doch wieder aus wie ein Aston, nachdem ihn Bond gefahren hat. Auch die anderen Gadgets sollen übel der Zeit hinterherhinken: Die Zentrale des Bösewichts mit einem C64 mit Lochkartendrucker zu hacken, dürfte nur das ältere Publikum zu lustvollen Seufzern anregen, und statt den Feind mit der in der
Seamaster eingebauten Harpune zu erlegen, muss das Pendel von Urgrossmutters Kuckucksuhr diesen Job übernehmen. Aber wenigstens seine Urgrossmutter kommt neben der Tatsache, dass ihr Estrich endlich geräumt wird, auf ihre Kosten: sie darf sich diesmal als Bond-Mädel vernaschen lassen. Damit dann nicht nur die Ururgrossmütter dereinst ins Kino pilgern, um ihren Helden zu sehen, muss man wohl einen Nachdreh mit etwas neueren Gerätschaften durchführen, zum Beispiel mit einem drahtlosen Faxgerät statt einem Hörrohr und einer Waffe der neusten Generation, also einer, die schon mit Schwarzpulver betrieben wird, und mit Ursula Undress statt der Urgrossmutter. Auch der Protagonist sollte für diesen Nachdreh nicht Corona-Speck tragen und aussehen wie Sean Coronnery kurz vor seinem Ableben, also übt er verzweifelt seine Stunts im Home Office. Was wiederum Urgrossmutter gar nicht gefällt, da sie doch so sehr an der Biedermeierkommode gehangen hat.

Um was es geht diesmal? James Bond, gespielt von Daniel Koch, hat den Auftrag, die Schweizer Armee vor dem finanziellen Untergang zu retten. Also rumpelt er mit
seinem Lada durch die Sahara, um FFP2-Masken und Riesenspritzen nach Nairobi zu bringen. Dort trifft er mit seiner Ladung aber nur auf Stinkefinger, kann aber immerhin einen Deal für 36 chinesische Tante Ju-Imitate aus Walzblech einfädeln, die als günstige Kampfflugzeuge ohne amerikanische Software das Armeebudget schliesslich retten sollen. Sein Widersacher, NSA-Chef DeChiffre, entwendet eines der Exemplare auf dem Flughafen von Nairobi, stürzt aber über dem Atlantik ab, als sich Windows von selbst neu startet, um ein Update aus dem Irak zu installieren. Der amerikanische Präsident schaltet sich ein, feuert den NSA-Chef und bezeichnet Windows als «Chinese Virus». Jane Moneypenny fliegt die verbliebenen 35 Exemplare mit dem Zehnfingersystem sicher durchs Martinsloch zum Militärflugplatz Elm, wo sie umgehend zu Bodenluftraketen mit Rückwärtsgang umgebaut werden. James Bond kriegt das Bundesdrehkreuz umgehängt und darf nun endlich in die Arme seiner Urgrossmutter zurückkehren.
Octotussy

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