Ein Kater namens Sidi Brahim

Alibaba und die vierzig Räuber

Hoppla: Die Bundesverwaltung wird ihre Daten künftig bei ausländischen Clouddienstleistern speichern, namentlich Amazon, Microsoft, IBM und Oracle in Amerika sowie Alibaba in China. Der tiefere Grund für die plötzliche Begeisterung des Bundes für das Silicon Valley ist nicht etwa, dass ein Chefbeamter zu tief in Pamela Anderson’s Dekolleté geschaut hat, sondern ein anderer, für die Bundesverwaltung völlig atypischer, nämlich Effizienzdenken!

Man muss sich doch einmal die Aufwände vor Augen halten, welche der amerikanische und der chinesische Geheimdienst bisher betreiben mussten, um an unsere Daten zu kommen. Das fällt nun alles weg. Ich vermute mal, diese Arbeitsersparnis macht die Offerten dieser Anbieter so günstig. Eine Win-Win-Situation! Nur die russischen Hacker hat man da etwas stiefmütterlich behandelt, finde ich. Dabei geben die sich eigentlich bezüglich
Datensicherheit am meisten Mühe. Die suchen proaktiv nach Daten bei uns, die unsicher gelagert sind, und sobald sie welche finden, verschlüsseln sie diese sofort, damit nicht etwa Unbefugte sie lesen können. Eigentlich eine sehr vorsorgliche Haltung, und das machen die sogar gratis! Nur die Entschlüsselung kostet dann natürlich, sozusagen eine Risikoprämie. Dieses Geld wäre besser investiert, wenn man die Daten doch direkt in die sichere Obhut dieser Dienstleister geben würde, dann wäre auch die Ver- und Entschlüsselung nicht mehr nötig.

Ein weiterer Punkt, der die Offerten der Anbieter so günstig gemacht haben dürfte, ist, dass die aufwändigen Datensammlerei mit Cookies, also digitalen Guetsli wegfällt. Mit der neuen Datenschutzgrundverordnung, die in Europa gilt, muss man ja jetzt auf jeder neuen Webseite, die man besucht, erst mal all dieses Süssgebäck bestätigen oder beseitigen. Gibt es eigentlich schon Medikamente gegen digitalen Diabetes? Das wäre doch ein neues Geschäftsfeld für Mark
Zuckerberg! Diese lästigen Krümel werden bei uns aber nun gar nicht mehr nötig sein, da ja dann schon alles über uns im Netz bekannt sein wird und nicht mehr gesammelt werden muss. Wenn ich das nächste Mal Alibaba besuche, wird dort die erfreuliche Botschaft erscheinen: «Willkommen, Sidi Brahim. Wir werden Sie nicht mehr fragen, ob wir Cookies brauchen dürfen, da wir bereits wissen, dass Sie vor fünf Jahren eine unversteuerte Erbschaft bezogen haben und dringend die Unterhose wechseln sollten. Nutzen Sie ungehindert das Internet! Aber achten Sie trotzdem auf Ihre Hygiene!»

Etwas Sorgen mache ich mir trotzdem. Muss ich die nächste Steuererklärung nun auf Chinesisch ausfüllen? Oder macht das mein geerbter Laptop chinesischer Herkunft automatisch?
Lord of the Files


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