Ein Kater namens Sidi Brahim

Reise in die dritte Dimension

Ich bin ein ausgesprochener Reisemuffel. Mich in fremdes Gebiet zu begeben macht mir Angst. Wenn ich mal nach Hinterkappelen muss, dann lasse ich mich regelmässig gegen Starrkrampf, Malaria und Nasi Goreng impfen und begebe mich nicht ohne kugelsichere Weste, einem Lawinenverschüttungsgerät und meinen Teddybär dorthin. Auf der Botschaft in Bern erntete ich letzthin ungläubige Blicke, als ich mich nach den Visumsbestimmungen für Ostermundigen erkundigte und wissen wollte, welche Währung dort kursiere. Dabei ist meine Frage vollkommen berechtigt: Auf der Seite des EDA finden sich keinerlei Hinweise zu diesen Fragen, was ich nicht als besonders vertrauens­erweckend einstufe: Offensichtlich scheint das eine Reisedestination zu sein, die ausserhalb des Vorstellungsvermögens eines Schweizers liegt.

Auch fliege ich äusserst ungern, schon gar nicht lange Strecken, hätte aber doch ganz gerne mal Australien gesehen. Kein Problem. Jedenfalls seitdem es 3D-Drucker gibt. So liess ich mich letzten Frühling per Skype mit der Schweizer Botschaft in Canberra verbinden, sendete ein XML-File mit meinen zuvor eingescannten Koordinaten hinüber, liess mich auf dem 3D-Drucker der Botschaft reproduzieren und machte mich auf den Weg. Ganz weiss zwar, weil ich meine Hautfarbe in Werten des additiven Farbraums RGB übertragen liess, die am anderen Ende jedoch als Werte des substraktiven Farbraums CYMK interpretiert wurden. Digitale Kultur­differenzen halt. Am Uluru liess ich mich von Aborigines fröhlich-bunt handkolorieren. Leider gingen die schönen, regenbogen-
farbigen Motive auf der Heimreise trotz inzwischen angeschafftem Farbadapter wieder verloren, da ich zuhause nur einen Schwarzweiss-3D-Drucker besitze.

Ich habe diesen erst letzthin angeschafft, weil der alte nur zweidimensional druckte, dafür aber trotzdem unverschämt viel Platz wegnahm, vor allem in der dritten Dimension. Ich musste mich aber erst etwas umgewöhnen: Ich schicke meiner Grosstante regelmässig Briefe, weil die - man stelle sich das mal vor! - ihr iPhone nur zum Telefonieren braucht und weder E-Mail, noch WhatsApp, SMS, Einparkhilfe­pieps­signale von fliegenden Untertassen oder andere transzendentale Kommunikations­formen damit empfangen will. Da bleibt nur die gute alte Post. Aber der neue Drucker weigerte sich zunächst, meine Briefe zu drucken, er meldete unverschämt zurück: "A4: unbekanntes Format". Dabei ist das doch ein Normformat! Ich wurde dann im Internet fündig, dass A4 zwar tatsächlich ein Normformat ist, aber die Deutschen, welche es erfunden haben, waren wohl etwas faul und haben doch tatsächlich nur zwei Dimensionen normiert. Etwas weniger faul, befahl ich meinem Drucker einfach, den Brief im Format 210 mm x 297 mm x 0.1 mm auszudrucken. Kein Wunder, war es kein Deutscher, der entdeckt hat, dass die Erde eine Kugel ist und keine Scheibe. Das war ein Italiener. Der wäre aber auch fast auf dem Scheiterhaufen gelandet dafür. Der Kugelgrill war übrigens die nachmittel­alterliche deutsche Antwort auf den Scheiterhaufen, um die dreidimensionale Weltherrschaft wieder zurück zu erlangen. Der erste Versuch der Deutschen mit dem dritten Reich ging ja in die Hosen. Wahrscheinlich, weil sie in Stalingrad gegen sich selbst gekämpft hatten, im Unwissen, dass sie von der anderen Seite her schon so weit gekommen waren.
So ein 3D-Drucker ist aber schon etwas sehr Praktisches. Alle Unterhosen in der Wäsche? Schuhe zuhause vergessen? Kaputtes Hüftgelenk? Einfach ausdrucken und anziehen. Einkaufen vergessen? Einfach Mehl und Tomaten reinleeren und eine Pizza drucken. Drucker futsch? Einfach neuen drucken, aber bitte bevor der alte futsch ist!

Heute ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der 4D-Drucker kommt. Meiner ist eigentlich schon einer, wie sich anlässlich meines ersten Versuchs, nach Australien zu kommen, gezeigt hatte. So lange, wie der Drucker brauchte, um einen kompletten Airbus 380 der Australian Airlines zu drucken mitsamt Gepäck, Cateringmenus mit einzelverpackten Reiskörnchen, dazu Plastikgabeln mit Sollbruchzone, einem ansprechenden Filmprogramm, einigen schönen Hostessen sowie 2-3 Terroristen und einem CO2-Zertifikat - da war die vierte Dimension längst Geschichte. Und fliegen tat das Ding dann auch nicht, weil kurz vor Fertigstellung der Flügel das für den Druck benötigte Filament ausgegangen war und ich - es war Sonntag und alle Läden zu - einfach Lakritze als Ersatz genommen hatte. Das hielt dann natürlich die Hitze der Düsen beim Start nicht aus. Dafür ist Kloten jetzt neu geteert.

Nein, so lieber nicht, lieber auch das nächste Mal wieder wie Scotty und mit Hilfe der Botschaft von Canberra. Die können das jetzt sogar in bunt, seitdem sie Aborigines angestellt haben.
Scotty

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